Simon Felix Geiger: Warum ich so bin wie ich bin

Oder auch: Das Zwitschern ... „hier oben drin“

Jahrgang 1987, geboren in Reutlingen, wohnhaft in Freiburg im Breisgau. Simon ist Gedichteschreiber und Gesprächspartner. Als Sozialarbeiter bei der Caritas unterstützt und begleitet er Geflüchtete bei der Integration. Als Poet tritt Geiger schwerpunktmäßig in Süddeutschland auf. Berufsbegleitend absolviert er seit Ende 2016 eine Ausbildung als Personzentrierter Berater (GwG) bei Elisa und Eckart Ruschmann in Freiburg. www.thembathandathula.blogspot.com

Warum ich so bin wie ich bin
oder auch: Das Zwitschern ... „hier oben drin“

Ich bin Dichter
bin Poet und stets
von Minnesang umweht

Wolken sind für mich
Vorrüber-Zieh-Gebilde die wohlig, weich und milde
als flauschig-plüschne Schmuse-Schwaden (mit Träumen voll beladen)
im Hippie-Ozean treiben und sich solange reiben bis sie weinen müssen
und dann aus ihren Wasser-Lasser-Tränen-Drüsen Tropfen treten
über die wir Dichter ja „Ach, so gerne“ reden

ich gebe mich bewusst pathetisch vor allem am Poet-Tisch
der Sprachkünstler-Tratsch-Tafel mit Intellekts-Geschwafel

mit vielen Worten und wenig Geld
malen wir uns die Welt
wie sie uns gefällt:

Stift stets gezückt
Papier trifft Zeit
Reim für Reim und Wort um Wort
wird der geplagte Dichterkopf
vom Lebensschrott und Alltagstrott

befreit

Denn wir alle sind ja Dichter
und Poeten ein Haufen
Minnesang-Proleten

nach einem „deft'gen Festmahlsschmaus“ sag ich nicht:
„Mhhhmm, lecker wars – guat hoats gschmeckt“
sondern: „Oh, wie vorzüglich & deliziös,
es mundet bis sich mein Wohlstands-Bäuchlein rundet“
Finger werden nicht geleckt sondern

grazil graziös gar ganz geschickt

mit Dufttüchern bedeckt
eingesalbt
und derweil von mir zugeschwallt... („Wald“ „Wald“ „Wald“)

wenn ich durch Wälder wandle
seh ich keine Bäume sondern

Übel-Dübel-Holz-fahl-Stifte

ein Hin und Her Gedrifte von
wuschig wilden Waldes Wipfeln
baumeligen Taumel-Zipfeln

nimmt der Abend seinen Lauf
steigt dann langsam Nebel auf
und ich zieh dann als
Zitter-Twitter-Lyra-Leier
durch düster-dunkle Nebelschleier und sage Dinge so wie:
„Seltsam im Nebel zu wandern...“

Denn ich bin Dichter
bin Poet und stets
von Minnesang umweht

nur meine
Freundin
versteht mich nicht

kein Gedicht
kann ihr genügen

meine Worte
sind Ihr Lügen

für sie noch schlimmer
als betrügen

drum klammert sie sich
klammeraffenbabylich
mit einem
„Gibs-mir-dreckig-fick-mich-Griff“
nymphomanisch-fest an mich
und wirft mir vor:



Simon!

Du hast mich angesteckt
durch ungeschützten „Oralverkehr“
hast du mich angesteckt mit deiner Zwitscherritis

ich bekomm Bronchitis vom Passiv-Lauschen
Wortfetzen Reime ein brausendes Rauschen
schwirrt wie Schoschonen
durch meine Onomato-Poesie-Neuronen

durch dein ständiges Ge-BLA-BLA-BLA-BLA-Plapper
und schleim-reimiges Gesabber
bekomm ich nur Migräne
hier unter meiner Mähne

joaaa, schön dass du es mal erwähnst
wusst nicht dass du so stark migränst
ich dacht du hättst die Schmerzen
von deinem harten Herzen
und deine schiefen Zähne
wärn Schuld an der Migräne
und jetzt hör auf zu weinen
sonst muss ich weiterreimen...

Boaaaah: Du bist so ein riesengroßer
fieser mieser...

Blödian!

Und übrigens:

Du jonglierst niemals mit Worten
wie Jimi Hendrix mit Akkorden

du bist kein Sprachfeinschmecker
sondern Synonym-Nach-Checker

du schwebst in Eigen-Räumen
bist Tag und Nacht am Träumen
und swingst mit deiner Meise
die klammheimlich still und leise
„hier oben“ mit dir singt
und dich zum Zwitschern bringt

ich würd sie gern erdrosseln
und aus dem Kopfe meiseln
denn deine Worte kreiseln
wie Round-About-Gesänge
durch Basalgangliengänge
die keiner recht versteht

Ja schoooon. Ich bin ja auch Poet!

Du? Ein Poet? Pfffffff! Du bist vielleicht von
Wirr-Warr-Wort-Salat umweht doch Minnesang und „Was-weiß-ich“
schwebt sicherlich
niemals nimmer nie
um dich!

Und jetzt mal ehrlich
so Von mir zu dir:
Ich steck dich jetzt und hier
in ein Schwall-dichtes
„Minnesang“-Quartier!

Schwall? Dicht? Schwallen und Dichten? All-Reimiiiiiiiiiiiiiii:
Das Dichten von Geschichten mitnichten auch von Fichten und wilden Waldes-Wichten
die sich in lichten Fichten aus ihren Sinnes-Sichten und ohne Beizupflichten
durch erpichtes Nachbelichten Pimper-Popp-Geschichten ihrer Nichten
aus Nobel-Hobel-Adels-Schichteeeeen - berichteeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeen...
...nennt man wohl schwallend Dichten. Oder auch: Sich selbst vernichten!

Denn: Natürlich wär ich gerne Dichter
und gerne auch Poet
von Ruhm wie Ehre wild umweht
doch stattdessen bin ich erkrankt
an verbaler Diarrhö und mentaler Inkontinenz
das Produkt einer bipolaren Reimerguss-Potenz

hab Zwitscherritits und bin Schuld an Passiv-Lausch-Bronchitis

man kann mich niemals heilen
denn diese vielen Zeilen
in Zeiten der Manie
sind meine

Therapie

nur DU
kapiert das
  
nie.


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Donnerstag, 09. November 2017 @ Heinrich-Hansjakob-Haus, Freiburg
Sonntag, 12. November 2017@ Heinrich-Hansjakob-Haus, Freiburg

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Artikelfoto: © Cane Harry

Matthias Boksch