Interview mit Felicia Maier - Kulturamtsleiterin der Stadt Freiburg

Austausch mit den Akteuren ist uns sehr wichtig

Seit dem 1. Januar 2019 leitet Felicia Maier (*1980, Rottweil) in direkter Nachfolge zu Achim Könneke das Kulturamt der Stadt Freiburg. Die studierte Kulturwissenschaftlerin und Kulturmanagerin bringt reichlich Erfahrung mit - aus ihrer Arbeit in einer Musikagentur in Zürich, aus der Programmplanung beim Festspielhaus in Baden-Baden, an der Schola Cantorum Basiliensis (gehört zur Hochschule für Musik in Basel) und im Kulturdepartement in Basel. Zuletzt leitete Felicia Maier den Fachbereich Bildende Kunst, Musik und Wissenschaft im Kulturamt in Karlsruhe.
www.freiburg.de/kulturamt

Ein verspätetes „Herzlich willkommen in Freiburg!“ Schön, dass Sie hier sind.
Haben Sie sich bereits etwas eingelebt? Einen Überblick über die regionale Kulturlandschaft sowie deren Akteure und Konsumenten verschaffen können?

Vielen Dank! Ich meine, dass ich den letzten Monaten recht viel kennenlernen konnte: Kultureinrichtungen, Festivals, Bildungseinrichtungen, Veranstaltungsformate und besonders die Personen, die sich dahinter verbergen. Genauso traf ich viele Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ämtern, Stabstellen und städtischen Betrieben, mit denen das Kulturamt Schnittstellen hat.
Zuletzt nahm ich an regionalen und landesweiten Facharbeitsgruppen und Tagungen teil und versuche meine Kontakte in die Schweiz lebendig zu halten. Abgeschlossen ist dieser Prozess natürlich noch nicht, denn hier ist gut was los.



Sicher gibt es einige Projekte und Prozesse aus dem, nennen wir es mal Kulturmanagement, die Sie in anderen Städten erfahren und begeistert haben. Gibt es auch das eine Referenzbeispiel, vom dem Sie sagen „das brauchen wir auch - das adaptieren wir jetzt für Freiburg“?

Die Kulturarbeit in zwei anderen Städten bereits mit einer direkten Einbindung kennengelernt zu haben, ist sicherlich gewinnbringend. Zudem konnte ich durch meine beiden Studiengänge, vor allem in Zürich, auszugsweise die kulturpolitische Arbeit in unterschiedlichen Städten und Ländern erfahren. Für einen solchen Austausch sind entsprechende Arbeitstreffen wie beim Städtetag oder bei der Kulturpolitischen Gesellschaft wichtig.



In Karlsruhe konnte ich mich unter anderem für eine nachhaltige Kulturförderung einsetzen. Damit möchte ich diesen so oft genutzten Begriff nicht weiter auslutschen, sondern die Förderpraxis so weiterentwickeln, dass die Kulturakteure zukunftsgesichert sind; mit einem Blick auf ihre sozialen, ökonomischen, ökologischen und inhaltlichen Ressourcen, um ihr Profil zu sichern und weiterentwickeln zu können.
Meiner Meinung nach passt dies sehr nach und für Freiburg.
Von der Kunst erwarten wir oft, dass sie dynamisch ist. Dann sollten Förderinstrumente so beweglich sein, dass feste Bestandsteile für eine Absicherung sich mit beweglichen für Neues und für Weiterentwicklungen - ergebnisoffen - sinnvoll ergänzen. So arbeiten wir bereits in der Kulturförderung in Freiburg, Luft nach oben besteht dennoch. In Basel arbeitete ich u.a. an der Entwicklung eines neuen Modells für die Orchesterförderung und für die Filmförderung mit. Ich denke, dass ich diese Kenntnisse in Freiburg gut einbringen kann.
Auch halte ich es für eigentlich unablässig, dass in Bereichen, die vielschichtig aufgebaut sind, horizontal zusammengearbeitet wird. Was eine solche horizontale Zusammenarbeit angeht, kann ich auf tolle Erfahrungen der Kunstkommission in Karlsruhe zurückblicken, bei der die Bereiche Bauen, Stadtplanung, Landschaftspflege, Bildende Kunst und Politik sich gemeinsam den Aufgaben der Kunst im öffentlichen Raum, auch von Urban Art, und am Bau annahmen.

Im chilli Interview sagten Sie „Die in Deutschland übliche Segmentierung zwischen Unterhaltungs- und Hochkultur finde ich nicht mehr zeitgemäß.“ Gibt es bereits eine Strategie, wie an dieser Schraube, also der Kluft zwischen beispielsweise Kunstverein und Hall Of Fame oder Tanztheater und Technorave, gedreht werden kann?
Bei der Unterteilung in Hochkultur und Unterhaltungskultur schwingt im deutschen Sprachgebrauch oft Bewertung mit oder wird als solche verstanden. Veränderungen gewisser Kunstformen über x Jahre werden bei Verwendung dieser Begriffe meist nicht mitgedacht, weswegen die damit implizierte Bewertung eigentlich in Frage gestellt werden müsste.
Zuallererst sollte bei Kunst- und Kulturförderung ausschlaggebend sein, dass Qualität gefördert wird, dass kulturelle Vielfalt gewährt, Raum für neue Ideen gegeben und kulturelles Erbe gesichert wird. Es sollte bei der Kulturförderung darum gehen, diese zu Recht allgemein geltenden Maxime hochzuhalten, sich für die Förderung von Kunst im Sinne der Kunstschaffenden und Kunstgenießenden einzusetzen. Wenn segmentierende Begriffe diesbezüglich nicht zielführend sind, sollten wir sie hier lieber vermeiden.



Einige Bedürfnisse sind für Kunst- und Kulturschaffende verschiedener Bereiche gleichbedeutend: Räume für das Proben und Experimentieren, wie auch für Bürotätigkeiten, brauchen Musiker*innen der Popmusik genauso wie Jazzcombos oder Chöre. Hierbei sollten die variierenden Bedarfe gebündelt und nach einer tragbaren Lösung gemeinsam gesucht werden. Ziel könnte sein - man darf und soll ja Visionen haben - ein Haus der Musik, welches Raum und Begegnung für verschiedene Musikgruppen und Musikstile bietet. Ein Musikkindergarten würde bei so einem Modell auch spannend sein. Ich erachte dies auch besonders künstlerisch und zwischenmenschlich für wertvoll, da es somit einen fixen Begegnungsort, gleichbehandelnd für verschiedene Musikgruppierungen gäbe.

Wir haben den Eindruck, dass sub-, pop- und clubkulturelle Themen seitens des Kulturamts bisher eher stiefmütterlich behandelt wurden. Besteht Hoffnung auf Änderung?
Pop- und Subkultur gehören ebenso zu unserer Kulturlandschaft und zu der gewünschten kulturellen Vielfalt. Dieses Verständnis ist vielerorts angekommen, sowohl in der Politik wie auch in der Verwaltung. Die Kulturfördermittel der Stadt Freiburg stehen genauso der Popkultur zur Verfügung, sprich ein Urban-Art-Künstler kann hier gleichermaßen einen Förderantrag für eine temporäre Aktion stellen. Aktuell haben wir in den Bereichen Jazz, Pop und Weltmusik zahlenmäßig mehr Einrichtungen, die institutionell gefördert werden als aus dem Bereich Klassik, in der Bildenden Kunst fördern wir hier allein zeitgenössisches Schaffen.
Natürlich wird es eine Aufgabe sein, weitere Förderinstrumente für den Bereich Popmusik und Subkultur zu überlegen, zu entwickeln und hoffentlich dann auch umsetzen zu können. Dafür ist uns im Kulturamt der Austausch mit den jeweiligen Akteuren sehr wichtig. Diesen gibt es bereits, jedoch erinnere ich gerne daran, dass das Kulturamt für Gespräche stets offen ist. Umso mehr wir die Belange der Kunstschaffenden und Kulturakteure kennen, können wir besser darauf reagieren, entsprechend erklären, beraten oder vermitteln.

Thorsten Leucht